Bali – Nyepi oder wie man böse Geister ins Bockshorn jagt

 
Die Luft duftet nach Jasmin. Zikaden singen, ein Fröschlein quakt. Im Lotusbecken fangen fächergroße Blätter Wassertropfen vom Reetdach auf. Plopp.. plopp.. plopp. Sinnliche Laute der Natur untermalen das Kneten und Glätten von kräftigen Mädchenhänden. Der Massageraum im Amandari Spa ist zu seinem Minigarten hin offen. Eine lauwarme Brise streichelt die Haut. Das Gedankenradio verstummt. Körper und Seele werden leicht, scheinen zu fliegen. Hätte schlimmer kommen können, die verordnete Zwangspause während des Aufenthalts in Ubud. Balis Künstlerdorf  hat an diesem Tag geschlossen. Grund sind vier „a“: amati geni, amati karya, amati lelungan, amati lelanguan. Das heißt kein Feuer, keine Arbeit, keine Reisen, keine Unterhaltung.  Oder zusammen genommen: Nyepi, der Tag, an dem ganz Bali in Kontemplation verharrt. Bei der Ankunft im Hotel Amandari lag eine handgeschriebene Karte in der Villa. Darauf die Bitte am zweiten Tag des balinesischen Neujahrfestes sich nicht vom Grundstück zu bewegen. Butler Wayan erklärte warum. Die bösen Geister, die am Vorabend in allen Dörfern mit  farbenprächtigen Paraden, lodernden Fackeln  und ohrenbetäubendem Lärm aus ihren Verstecken gelockt und an Straßenkreuzungen mit Opfergaben versorgt wurden, sollen denken die Insel sei nun ausgestorben. Grund genug sie zu verlassen, weil niemand mehr da ist, dem man Unheil bringen kann.grüne Terrasssen,Palmen,Schlucht
Was wie tiefster Aberglaube klingt, hat im hinduistisch geprägten Bali weitreichende Auswirkungen, die auch  vor dem  Tourismus nicht Halt machen. An Nyepi schließt der internationale Flughafen für 24 Stunden. Sowohl die Fährverbindungen zu den Nachbarinseln werden eingestellt als auch jeglicher Verkehr auf den Straßen. Restaurants, Bars und Shops sind zu, Strände und Golfplätze leer. Um Mitternacht erlischt auf der ganzen Insel das Licht. Bali isoliert sich für einen Tag von der Außenwelt, die Balinesen vom sozialen Leben. Sie kochen nicht, rauchen nicht und bewegen sich nicht außerhalb ihres häuslichen Areals.
Frau mit Opfergaben,Steinfiguren,SchirmAber nichts spricht dagegen sich innerhalb des Hotels ausgiebig verwöhnen zu lassen. Und vielleicht Dingen in hautnaher Umgebung mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Der fulminanten Natur beispielsweise, die sich mit uralten Bäumen, Palmen und Reisfeldern  vor der privaten Terrasse ausbreitet. Oder dem kleinen Kunstwerk, welches das Zimmermädchen als Betthupferl geschnitzt hat. Das Luxusresort wurde nach dem Konzept eines typisch balinesischen Dorfes gebaut. Es erstreckt sich mit seinen blühenden Gärten über der tiefen Schlucht des Flusses Ayung, dreißig einzeln stehende Villen hinter vanillefarbenen Sandsteinmauern, zum Teil mit eigenem Pool. Schöne Menschen in Sarongs arbeiten hier, insgesamt mehr als zweihundert. Ihr liebreizendes Lächeln lässt den ernstesten Gast die Mundwinkel nach oben ziehen.
Die bösen Geister der Insel mögen sich am Tag der Stille konsterniert aus dem Staub gemacht haben. Aber die Dämonen, die sich nach balinesischem Glauben im Meer tummeln, haben unter Wasser vom Verwirrspiel nichts mitgekriegt. Ihnen ist der dritte Tag zu Beginn des Caka Jahres gewidmet. Delegationen von Dörfern und Tempelgemeinden pilgern deswegen an den Strand. Einige Amangäste pilgern mit, allerdings auf vier Rädern. So können sie auf der Autofahrt durch das Inselinnere leuchtgrüne Reisterrassen genießen. Ziel ist das Amankila an der Ostküste von Bali. Friedlicher Hügel heißt der Name übersetzt. Er erhebt sich steil über dem Strand am Indischen Ozean. Treppen, Brücken und Gänge verbinden 34 reetgedeckte Bungalows auf Stelzen. Der Blick von der Eingangshalle fällt über drei azurblaue Poolterrassen nach unten. Den Strand ist nicht zu sehen, aber nach den Gästen zu urteilen, die von der untersten ihre Kameras in die Tiefe richten, muss dort etwas los sein. Tatsächlich. Meterhohe Banner in weiß, rot und schwarzweiß kariert stecken im Sand, Zeichen für Götter und Dämonen, dass sie zum Fest geladen sind. Am Meeressaum hocken Priester. Körbe mit Reiskuchen und Früchten stehen neben aus Bambus gebastelten Schreinen. Die Opfergaben sind für die Dämonen, die Götter dürfen in den Schreinen Platz  nehmen. Nach balinesischem Glauben ist das Mahl eine spirituelle Reinigung. Auch dem Gast dürfte nach Autofahrt und  schwüler Hitze am Strand nach Erfrischung zumute sein. Aber wer wollte ins Meer tauchen, dort, wo sich gerade  Dämonen laben. Als ob die dienstbaren Geister Gedanken lesen können, haben sie in der  Suite ein duftendes Bad angerichtet. Rote und weiße Frangipani Blüten schwimmen darauf. Balis himmlische Heerscharen könnten neidisch werden.
Dass auch Gäste wie Götter behandelt werden, erlebt man zum Sonnenaufgang im Amanusa beziehungsweise an seinem schneeweißen Strand im Süden von Bali. Eifrige Helfer haben in der Nacht ein privates Bale (überdachte Plattform) geschmückt, Banner davor und auf die Matratze ein Frühstück gestellt mit frisch gepresstem Ananassaft, Müsli und knusprigen Croissants. Zurück im Hotel, das mit seinen 35 Pavillons wie eine Festung auf dem Hügel von Nusa Dua thront, scheint es, als ob sich die Götter für das Fest revanchieren wollen. Mitten in der Regenzeit haben sie den Himmel blau geputzt. Im klaren Morgenlicht breitet sich die Insel vor dem Amanusa aus, am Horizont von messerscharfen Konturen ihrer Vulkane begrenzt. Vom Gunung Agung ganz im Osten lächeln sie herunter. Auf dem 18-Loch- Platz vor der Hotelanlage drehen ein paar Golfspieler ihre Runde. Der touristische Alltag auf Bali ist wieder angebrochen.
Kiki Baron

Sonnenuntergang spiegelt sich in Pools

Informationen:
Nyepi: Das balinesische Neujahrfest findet in 2012 vom 22.-24. März statt.
Amanresorts: Die Luxushotelgruppe besitzt drei Anlagen auf Bali, Amandari in Ubud, Amankila in Manggis, Amanusa in Nusa Dua. www.amanresorts.com , Reservierungen und Auskünfte unter der kostenlosen Telefonnummer 0800-1813421.

Speak Your Mind

*