Beirut-Libanon-Reisetagebuch II.

Durchblick vom Jupiter Tempel zu schneebedeckten BergenAuf dem Stadtplan sieht´s einfach aus. Von Beiruts altem Zentrum am Nationalmuseum vorbei, auf der ehemaligen Greenline, die den westlichen moslemischen Teil der Stadt vom christlichen Osten teilte, und geradewegs zur Ausfallstraße Richtung Zahlé und Baalbek. Schön wär´s. Einbahnstraßen, Abbieger und schon haben wir uns verzettelt. Nach dem Weg fragen?   “ Est-que vous pouvez …“ Beirut hieß ja mal Paris des Ostens. Der Mann schüttelt den Kopf.  „English please“. Begeistert, dass er uns helfen kann, legt er los, verknüpft die Erklärung  mit großartiger Gestik. Wahrscheinlich merkt er nicht mal, dass er arabisch spricht. Nächster Versuch. Ein Soldat am Straßenrand. Er lächelt freundlich, sagt ein paar Worte auf  Arabisch, macht die Hintertür auf und schwupps sitzt er auf dem Rücksitz. „Shukran“. Danke. Zahlé, erklärt er noch, zeigt auf sich und dann voraus. War wohl ein Missverständnis. Er duftet frisch geduscht. Die Sporttasche zu klein für eine Kalaschnikow, denke ich mir. Unsere Handtaschen liegen neben ihm.  Unterhaltung ist nicht, wir sprechen nicht dieselbe Sprache. Zumindest zeigt er zweimal nach rechts, wo wir geradeaus gefahren wären. Die Straße windet sich breit über die Berge ins Bekaa Tal. Viel Verkehr, zwei Straßenkontrollen, die wir ohne Anhalten passieren dürfen. Kaum hat sich der Soldat in Zahlé verabschiedet, verpassen wir den Abzweiger nach Baalbek, unserem Ziel. Die Ausschilderung ist rudimentär, aber man arbeitet daran. Wir landen auf dem Acker, der Feldweg mit tiefen Schlaglöchern, wir setzen ein paar Mal auf. Der Weg endet auf einer Art Autobahn. Ganz neu, mit nicht zu übersehenden Beschilderung. Je näher wir  nach Baalbek kommen, je häufiger  prunken   Konterfeis von Khomeini , Abbas al-Musawi und Hassan Nasrallah neben, gelbgrüne Banner und Flaggen über der Straße. Eine Hochburg der Hisbollah? Offensichtlich ja, aber keine militärische, wie wir später hören.

Straßenszene beim MarktDie Organisation mit ihrem zweifellos blutigen Hintergrund hat noch eine andere Seite, wie Lonely Planet schreibt. In Regionen, wo Sozialdienste kaum greifen, hat sie Schulen und Krankenhäuser eingerichtet, ist verantwortlich für unterschiedlichste Aktivitäten zugunsten der Menschen. Von Aufforstung über  Unterstützung von Bauern, Müllabfuhr, Trinkwasserverteilung bis zur Kinderbetreuung. Ihr  „Märtyrer Institut“ sorgt zudem für Familien von „Märtyrern“, die in der „Schlacht“ gefallen sind. Das alles, sagt Hisbollah, sei durch Spenden von Moslems finanziert. Andere sprechen von Geldern aus Taschen hochrangiger Iraner. Wie dem auch sei, die Organisation hat sich in punkto medizinischer Einrichtungen, Sicherheit und Ausbildung  in den verarmten Regionen Libanons bewährt, die von anderer Seite keine Unterstützung erfahren.

Bäcker bei der ArbeitBaalbek entpuppt sich als Dorf mit ein paar alten Häusern und vielen Neubauten, einem hübschen Souk und kleinen Frischmarkt. Christlich-moslemisch gemixt die Bevölkerung. Männer und Frauen sind im Gegensatz zu Beirut konservativ gekleidet. Uns begegnen aber auch Kopftuch- Mädchen, die ihre Stilettos auf dem  Kopfsteinpflaster malträtieren. Höchst freundlich die Leute auf dem Markt. Der Bäcker steckt uns ungefragt eine Handvoll Pastetchen zu. Noch warm aus dem Ofen, pikant mit Spinat und Käse gefüllt. Lecker.

Autorin vor Bacchus TempelGrund unseres Ausflugs ist allerdings nicht das Dorf, sondern die bedeutendstes Sehenswürdigkeit im Libanon. Wohlmöglich die größte römische Ruinenstätte im Mittleren Osten. Baalbek war  das „Sun City “ der Antike und galt lange Zeit als Weltwunder,  übertrafen seine Tempel doch an Größe alles, was in Rom je gebaut wurde.

Und wirklich. Nur eine Luftaufnahme könnte das gesamte Areal greifen.  Wir stehen  fassungslos in dem gigantischen Komplex des Jupiter Tempels, seine Säulen so dick, dass man fünf Leute bracht sie zu umfassen und so hoch, dass man Genickstarre kriegt, um die Kapitele zu bewundern. Einzigartig der monumentale Bacchus Tempel. Seine feingemeißelte Decke ist zum Teil noch erhalten. Kaiser Wilhelm I. war auch mal da. Die Gedenktafel hängt vier Meter hoch an der Tempelwand. Damals steckte die Ruine noch bis ein Drittel Höhe im Schutt. Das Tollste: Wir haben den gewaltigen Ruinenhaufen fast für uns allein. Das ist wahrer Luxus angesichts seiner Bedeutung.  Touristen sind in dieser Jahreszeit selten.

Übersicht Ruinen von Jupiter Tempel

Fotos:Kiki Baron

Speak Your Mind

*