Der Augenschmaus beginnt bereits bei der Anreise: links die Hügel des Vaucluse, rechts der Gebirgszug des Luberon. Wälder und Weinberge, darin malerische Dörfer in ockergelb, die sich an Kuppen schmiegen. Burgen, Schlösser und Kirchtürme überragen die Ziegeldächer. Quellen der Inspiration. Kein Wunder , dass sich hier Künstler, Modemacher und Schriftsteller wohlfühlen, überhaupt vieler Art Schöngeister von gestern und heute. Ich würde mich hier auch gern zur Ruhe setzen. Probehalber geht´s aber erst mal ins Hotel. „La Coquillade“ heißt es, übersetzt Haubenlerche. Der Name steht für anspruchsvolle Zugvögel, die eine exklusive Bleibe im Herzen der Provence suchen. Später lerne ich, dass meine Wahl die richtige war. Unter 400 besuchten Häusern das mit der größten Authenzität, soll der Guide- Michelin- Tester geflüstert haben.
Von Weitem sieht es aus wie eines der traditionellen Dörfer in Miniformat. Die Häuser aus goldgelbem Sandstein, wie Schachteln mit Spitzhaube zusammen gewürfelt, mit Gängen, Gärten und Terrassen dazwischen. Drumherum wächst Wein auf 35 Hektar. Auf den Fundamenten eines Klosters aus dem 11.Jahrhundert sind die Steinmauern des Ensembles allerdings das einzig Alte der 28-Zimmer -Anlage. Das Innenleben präsentiert sich modern, puristisch. Jegliche Art provenzalischer Folklore- Schnörkel fehlen. Das ist gut so, weil sich das schlichtschöne Mobilar nicht zwischen Trockenblumensträußen, Lavendelkörben oder Stillleben a la Van Gogh verstecken muss. Man ahnt gleich, dass hinter jedem Möbel, jedem Stoff, jeder Armatur ein Edeldesigner steht. Und so ist es. Namen wie Dedon, Rubelli, Pierre Frey, Alessi und mehr sind im Coquillade versammelt. Jegliche Technik im Hotel ist auf allerneustem Stand. Für mich manchmal zu neu. Die Lichtanlage im Zimmer mit Dimm-Schaltern für jede Lichtquelle will nicht immer so wie ich. Drücke ich auf einen der viele Knöpfe wird’s hell und wieder dunkel, kaum lasse ich los, geht das freche Lämpchen wieder an. Behutsamen Umgang wollen die Dinger, dann klappt´s.
Cool ist die Idee mit den Segeln, die aufwendig über die großen Terrassen bei Restaurant und Pool gespannt sind. Sie wirken leicht und luftig und lassen die Brise durch, soweit vorhanden. So qualitäts-und detailversessen wie das Schweizer Managerpaar Carmen und Walter Wunderli, so ambitioniert auch die Küche. Jeden Tag zum Dinner ein neues 7-Gänge- Menü der mediterranen Art, die kleinen feinen Portionen auf Geschirr von Hering serviert. Lokales Gemüse und Kräuter, frischer Fisch und zartes Fleisch wird darin raffiniert verarbeitet. Deftigere Kompositionen der Provence kommen im Bistro auf den Tisch. Man speist an langer Tafel, das Konzept eine ideale Gelegenheit für Gespräche mit anderen Gästen. Bei schönem Wetter wird im Gartenrestaurant gedeckt. Den Duft von gegrilltem Fleisch in der Nase, das Panorama von Weinbergen vor Augen, das Ambiente hat Reklamecharakter. Dazu noch einen roten Aureto, von hoteleigenen Reben geerntet, provenzalischer geht nicht.
Das einzige, was dem La Coquillade vielleicht fehlt, ist ein Wellness Bereich. Aber braucht man den hier überhaupt? Ein paar Tage der Muße frönen, das Auge über die stille Landschaft schweben lassen, Spaziergänge durch Wald und Reben, kulinarisches Verwöhnprogramm, das bringt Körper und Seele mehr zum Jauchzen als Hot Stone oder Aroma-Therapie. Für sportliche Gemüter stehen Race und Mountain Bikes von BMC zur Verfügung. Damit könnte man seine Kondition am nahe gelegenen Mont Ventoux testen. Oder lieber Film reif ins bergige Grün? Zur Auswahl stehen zehn Vintage Cars. Jaguar E-Type, Austin Healey, Triumph TR4, MGB und Mercedes 230 Pagode darunter. Picknickkorb dabei, ein Fläschchen Rose, Haare im Wind, sorgenfrei, man fühlt sich glatt in die Studentenzeit zurückversetzt.
Fotos: www.spierenburg.de
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